Malte Zenses:
PANKOW 2050 – THIS IS ALL WRONG
10.10.2019 – Ausstellungstext
Achenbach + Hagemeier
Als Greta Thunberg in diesem Herbst ihre Rede während des UN-Klimagipfels in New York eröffnete, zerschnitt ihre bedingungslose Ehrlichkeit die Luft der anwesenden ohnmächtigen Betroffenheit. Ihr zorniger Ausdruck und ihre verbitterte Wut rissen die distanzierte Wunde des Vergessens und der Entgrenztheit auf beschämende Weise auf.
„I shouldn‘t be up here. I should be back in school on the other side of the ocean. Yet, you come to us young people for hope. How dare you? You have stolen my dreams, my childhood, with your empty words (…).“ Die Wahrheit eines Kindes.
Gretas unprätentiöse, direkte Rede, die keine Angepassheit kannte und uns aus den bequemen Stühlen erhob, ist, was uns heute berührt und vielleicht die einzige Wahrhaftigkeit. Ihr Gesicht, vor Zorn gekrümmt und voller Falten, lässt ihre Jugend verblassen. Sorgen um die Zukunft entreißen sie ihrer Träume, ihrer Unschuld. Sie spürt die Last, die Geschichte und Vergangenheit, die ihr vorausgelebt wurde. Hat sie eine Wahl? Kann sie frei entscheiden, ob sie diesen Weg weitergehen möchte? Oder muss sie ungeachtet ihrer eigenen Fußabdrücke tragen, was Generationen vor ihr verursachten?
In seiner Einzelausstellung in der Galerie Achenbach Hagemeier formt Malte Zenses die unstete Verstimmung unseres Gegenwärtigen innerhalb seiner Malereien zu gestischen Passagen um. „This is all wrong. Pankow 2050“ ist ein wehmütiger Blick in die Zukunft, der von einer längst vergangenen, malerischen Poetik getragen wird. Wie stellen wir uns die nächsten dreißig Jahre vor? Welche Umrisse wird das Gesicht Berlins im Jahre 2050 tragen? Und welche Rolle kommt der Kunst und insbesondere der Malerei innerhalb dieser Entwicklung zu?
Verfolgt man momentane Statistiken und Forschungsergebnisse, erwartet uns ein dystopisches Szenario, dessen Kontur sich in rasanter Geschwindigkeit immer deutlicher abzeichnet. Doch verbirgt sich in diesem apokalyptischen Akt vielleicht doch etwas Schönes, Erhabenes? „Gehe, wenn es am Schönsten ist.“ Also jetzt? Was passiert nach dem Schönen? Was erwartet uns?
Zenses Malereien suchen nach genau jenem Moment, der im Verborgenen liegt. Was ist da, was uns gehört? Und was werden wir verlieren? In einer malerischen Verdichtung schafft er eine Intimität, die spielerisch vom Ende unseres Daseins erzählt und in ihrer abstrakten Form ein mysteriöses Konkretes verarbeitet. Betende Hände, Eichenblätter, das Antlitz der Heiligen Hemma, ein letzter Stierkampf oder der Raub der Europa, referieren auf eine überholte Interpretation von Welt. Das Europa als Zentrum dieser, als Heimat der Dichter und Denker, ist gescheitert. Das eindimensionale Paradies, das von reaktionären Mächten immer wieder heraufbeschworen wird, ist eine gefallene Utopie, die sich im Spätkapitalismus zu einer ausgeschöpften Idee verwandelte.
Als eine Art sensibler Seismograph transferiert Zenses jene aktuelle Zerrissenheit und Leere seiner Generation durch persönliche Fragmente und codierte Chiffren auf gleichformatige Leinwände. Kupferne Feuerskulpturen begleiten diese und versinnbildlicht unsere selbst geschmiedete Begrenztheit, aus der es sich künftig zu befreien gilt. Neun Malereien erzählen eine unvollständige Autobiografie des Gelebten, die in ihrer Subjektivität eine temporäre Flucht ermöglicht.
Malte Zenses:
PANKOW 2050 – THIS IS ALL WRONG
10.10.2019 – Ausstellungstext
Achenbach + Hagemeier
Als Greta Thunberg in diesem Herbst ihre Rede während des UN-Klimagipfels in New York eröffnete, zerschnitt ihre bedingungslose Ehrlichkeit die Luft der anwesenden ohnmächtigen Betroffenheit. Ihr zorniger Ausdruck und ihre verbitterte Wut rissen die distanzierte Wunde des Vergessens und der Entgrenztheit auf beschämende Weise auf.
„I shouldn‘t be up here. I should be back in school on the other side of the ocean. Yet, you come to us young people for hope. How dare you? You have stolen my dreams, my childhood, with your empty words (…).“ Die Wahrheit eines Kindes.
Gretas unprätentiöse, direkte Rede, die keine Angepassheit kannte und uns aus den bequemen Stühlen erhob, ist, was uns heute berührt und vielleicht die einzige Wahrhaftigkeit. Ihr Gesicht, vor Zorn gekrümmt und voller Falten, lässt ihre Jugend verblassen. Sorgen um die Zukunft entreißen sie ihrer Träume, ihrer Unschuld. Sie spürt die Last, die Geschichte und Vergangenheit, die ihr vorausgelebt wurde. Hat sie eine Wahl? Kann sie frei entscheiden, ob sie diesen Weg weitergehen möchte? Oder muss sie ungeachtet ihrer eigenen Fußabdrücke tragen, was Generationen vor ihr verursachten?
In seiner Einzelausstellung in der Galerie Achenbach Hagemeier formt Malte Zenses die unstete Verstimmung unseres Gegenwärtigen innerhalb seiner Malereien zu gestischen Passagen um. „This is all wrong. Pankow 2050“ ist ein wehmütiger Blick in die Zukunft, der von einer längst vergangenen, malerischen Poetik getragen wird. Wie stellen wir uns die nächsten dreißig Jahre vor? Welche Umrisse wird das Gesicht Berlins im Jahre 2050 tragen? Und welche Rolle kommt der Kunst und insbesondere der Malerei innerhalb dieser Entwicklung zu?
Verfolgt man momentane Statistiken und Forschungsergebnisse, erwartet uns ein dystopisches Szenario, dessen Kontur sich in rasanter Geschwindigkeit immer deutlicher abzeichnet. Doch verbirgt sich in diesem apokalyptischen Akt vielleicht doch etwas Schönes, Erhabenes? „Gehe, wenn es am Schönsten ist.“ Also jetzt? Was passiert nach dem Schönen? Was erwartet uns?
Zenses Malereien suchen nach genau jenem Moment, der im Verborgenen liegt. Was ist da, was uns gehört? Und was werden wir verlieren? In einer malerischen Verdichtung schafft er eine Intimität, die spielerisch vom Ende unseres Daseins erzählt und in ihrer abstrakten Form ein mysteriöses Konkretes verarbeitet. Betende Hände, Eichenblätter, das Antlitz der Heiligen Hemma, ein letzter Stierkampf oder der Raub der Europa, referieren auf eine überholte Interpretation von Welt. Das Europa als Zentrum dieser, als Heimat der Dichter und Denker, ist gescheitert. Das eindimensionale Paradies, das von reaktionären Mächten immer wieder heraufbeschworen wird, ist eine gefallene Utopie, die sich im Spätkapitalismus zu einer ausgeschöpften Idee verwandelte.
Als eine Art sensibler Seismograph transferiert Zenses jene aktuelle Zerrissenheit und Leere seiner Generation durch persönliche Fragmente und codierte Chiffren auf gleichformatige Leinwände. Kupferne Feuerskulpturen begleiten diese und versinnbildlicht unsere selbst geschmiedete Begrenztheit, aus der es sich künftig zu befreien gilt. Neun Malereien erzählen eine unvollständige Autobiografie des Gelebten, die in ihrer Subjektivität eine temporäre Flucht ermöglicht.