Dominika Bednarsky:
A SITTING AND A SLURPING AND A SPITTING AND A THINKING
3.3.2020 – Katalogtext
1822-Forum
Ein Turm aus Salatgurken, ein Delfin, der von einer Welle aus unterschiedlichen Wurstsorten getragen wird, Krabben, die sich gegenseitig die Scheren reichen und ein skeptischer Schweineschädel auf einem Tablett. ‚A Sitting and A Slurping and A Spitting and A Thinking‘ versammelt ein Bankett aus absurden keramischen Arrangements, deren Komik das Stillleben des 17. Jahrhunderts innerhalb humorvoller, in Glasur gefasster Objektkompositionen revitalisiert. Sechs skulpturale Keramiken vermischen traditionelle Darstellungsformen mit gegenwärtigen, absurden Esskulturen- und Praktiken.
Shokuhin Sanpuru (Fake Food) erfreut sich in Japan seit Anfang des letzten Jahrhunderts besonderer Beliebtheit. Die nahezu perfekte Nachahmung unterschiedlicher, japanischer Gerichte etablierte sich zu einem eigenen Ausbildungsberuf, der jahrelangem Training bedarf. Die Imitate finden ihre Verwendung bis heute vor allen Dingen darin, die visuelle Beurteilung angebotener Speisen bereits vor dem Eintritt in ein Restaurant zu ermöglichen. Auch Bednarskys Foodinstallationen wirken durch ihre glänzende, bunte Oberfläche auf den ersten Blick einladend und wäre das 1822- Forum ein japanisches Restaurant, würde man vermutlich eintreten. Während man sich jedoch zu Tisch begibt, kämen möglicherweise erste Zweifel auf. In welchem Etablissement befindet man sich eigentlich? Und wer oder was wird hier aufgetischt?
Ein Turm aus dicken Gurkenschreiben mit einem Topping aus Shrimps und einer Art Tzatziki-Soße, die aus den Öffnungen der keramischen Konstruktion läuft, überragt die anderen Speisen durch seine Höhe. Inspiriert ist er durch einen absurden Food-Trend in China, der sich kürzlich in Schnellimbissen entwickelte. Da es dort nur erlaubt ist, sich ein einziges Mal an den angebotenen Salatbuffets zu bedienen, begannen Kund*innen ihre Salate zu stapeln, um so viel als möglich auf einem Teller zu versammeln. Dabei entstanden außergewöhnliche, essbare Architekturen, die Bednarsky nun in die Ästhetik ihrer Keramik übersetzt.
Die weiteren Skulpturen in Bednarskys eigentümlichem Buffet changieren ebenfalls zwischen sonderbaren und zum Teil brutalen Praktiken unserer gegenwärtigen Esskultur. Zwei Gänseköpfe, die als Strohhalme einer halbierten Wassermelone dienen, beziehen sich auf Stopfgänse, eine besonders in Frankreich beliebte Delikatesse. Den Tieren werden dabei Metallrohre in den Hals gestopft, über das Mastfutter unter Druck in ihre Mägen gepresst wird, um sie zwangszuernähren.
In Bednarksys Melonen-Coupledrink entgegnen die gestopften Hälse den Besucher*innen mit leicht geöffneten Mündern und weit aufgerissenen Augen. Was würden Sie uns sagen wollen, verstünden wir ihre Sprache? Im Schädel eines Schweines, der mit Bananen, Weintrauben, Zitrusfrüchten und anderen Obstsorten ansehnlich auf einem Tablett arrangiert ist, steckt eine Ananas. Skeptisch streift uns auch dieser Blick des geköpften Tieres.
Ob sich die gegenseitig an den Scheren klammernden Krabbentiere möglicherweise ebenso auf ihr kommendes Ableben vorbereiten und sich im Kollektiv Trost spenden?
Brutalität und Komik liegen in Bednarskys Installationen nahe beieinander und letztlich gilt sich selbst zu hinterfragen, wer von diesem Mahl profitieren wird. Die Strategien des Humors entwaffnen und werfen uns auf uns selbst zurück – wir sitzen, wir schlürfen, wir spucken – bedenken wir dabei aber auch unser eigenes Verhalten?
Dominika Bednarsky:
A SITTING AND A SLURPING AND A SPITTING AND A THINKING
3.3.2020 – Katalogtext
1822-Forum
Ein Turm aus Salatgurken, ein Delfin, der von einer Welle aus unterschiedlichen Wurstsorten getragen wird, Krabben, die sich gegenseitig die Scheren reichen und ein skeptischer Schweineschädel auf einem Tablett. ‚A Sitting and A Slurping and A Spitting and A Thinking‘ versammelt ein Bankett aus absurden keramischen Arrangements, deren Komik das Stillleben des 17. Jahrhunderts innerhalb humorvoller, in Glasur gefasster Objektkompositionen revitalisiert. Sechs skulpturale Keramiken vermischen traditionelle Darstellungsformen mit gegenwärtigen, absurden Esskulturen- und Praktiken.
Shokuhin Sanpuru (Fake Food) erfreut sich in Japan seit Anfang des letzten Jahrhunderts besonderer Beliebtheit. Die nahezu perfekte Nachahmung unterschiedlicher, japanischer Gerichte etablierte sich zu einem eigenen Ausbildungsberuf, der jahrelangem Training bedarf. Die Imitate finden ihre Verwendung bis heute vor allen Dingen darin, die visuelle Beurteilung angebotener Speisen bereits vor dem Eintritt in ein Restaurant zu ermöglichen. Auch Bednarskys Foodinstallationen wirken durch ihre glänzende, bunte Oberfläche auf den ersten Blick einladend und wäre das 1822- Forum ein japanisches Restaurant, würde man vermutlich eintreten. Während man sich jedoch zu Tisch begibt, kämen möglicherweise erste Zweifel auf. In welchem Etablissement befindet man sich eigentlich? Und wer oder was wird hier aufgetischt?
Ein Turm aus dicken Gurkenschreiben mit einem Topping aus Shrimps und einer Art Tzatziki-Soße, die aus den Öffnungen der keramischen Konstruktion läuft, überragt die anderen Speisen durch seine Höhe. Inspiriert ist er durch einen absurden Food-Trend in China, der sich kürzlich in Schnellimbissen entwickelte. Da es dort nur erlaubt ist, sich ein einziges Mal an den angebotenen Salatbuffets zu bedienen, begannen Kund*innen ihre Salate zu stapeln, um so viel als möglich auf einem Teller zu versammeln. Dabei entstanden außergewöhnliche, essbare Architekturen, die Bednarsky nun in die Ästhetik ihrer Keramik übersetzt.
Die weiteren Skulpturen in Bednarskys eigentümlichem Buffet changieren ebenfalls zwischen sonderbaren und zum Teil brutalen Praktiken unserer gegenwärtigen Esskultur. Zwei Gänseköpfe, die als Strohhalme einer halbierten Wassermelone dienen, beziehen sich auf Stopfgänse, eine besonders in Frankreich beliebte Delikatesse. Den Tieren werden dabei Metallrohre in den Hals gestopft, über das Mastfutter unter Druck in ihre Mägen gepresst wird, um sie zwangszuernähren.
In Bednarksys Melonen-Coupledrink entgegnen die gestopften Hälse den Besucher*innen mit leicht geöffneten Mündern und weit aufgerissenen Augen. Was würden Sie uns sagen wollen, verstünden wir ihre Sprache? Im Schädel eines Schweines, der mit Bananen, Weintrauben, Zitrusfrüchten und anderen Obstsorten ansehnlich auf einem Tablett arrangiert ist, steckt eine Ananas. Skeptisch streift uns auch dieser Blick des geköpften Tieres.
Ob sich die gegenseitig an den Scheren klammernden Krabbentiere möglicherweise ebenso auf ihr kommendes Ableben vorbereiten und sich im Kollektiv Trost spenden?
Brutalität und Komik liegen in Bednarskys Installationen nahe beieinander und letztlich gilt sich selbst zu hinterfragen, wer von diesem Mahl profitieren wird. Die Strategien des Humors entwaffnen und werfen uns auf uns selbst zurück – wir sitzen, wir schlürfen, wir spucken – bedenken wir dabei aber auch unser eigenes Verhalten?