YRD.WORKS
1.5.2019 – Werktexte
SCALE SCALE SCALE
Scale Scale Scale eröffnete 2016 als raumgreifende Installation die zweite Ausstellung in der Kressmann-Halle in Offenbach und wurde in Kooperation mit dem Künstlerkollektiv D665 realisiert. Ausgangspunkt der Arbeit bildete die gemeinsame theoretische Auseinandersetzung mit der Funktion und Ästhetik der Ausstellungsräume, die einige Monate zuvor von YRD.Works errichtet worden waren. Wie funktionieren Räume, die für Kunst oder Theater geschaffen werden? Nach welchen Kriterien werden sie bemessen? Und welche Auswirkung haben räumliche Gegebenheiten auf die Betrachtenden? In Scale Scale Scale entwickelten YRD.Works eine Intervention im Raum, die buchstäblich den Maßstab – die Skalierung (engl. Scale) – der Kressmann-Halle in den Fokus nahm. Dafür unterteilten sie die 160 Quadratmeter große Halle mit Rigipswänden in zehn Einzelräume. Die Raumfolge setzte sich aus fünf breiteren unbeleuchteten und fünf schmaleren beleuchteten Räumen zusammen, die sich abwechselten. Die Ungewöhnlichkeit der größeren Räume bestand darin, dass sie sich aus der Maßstabsvergrößerung des innenliegenden Hohlraumes einer Rigpistrennwand ergaben. In Scale Scale Scale wurde dieser Zwischenraum zu einem raumfüllenden Ort aufgebläht, in dem man sich aufhalten konnte. Technische und funktionale Elemente wie Trägerkonstruktionen, Steckdosen oder Heizungen, die in tradierten Ausstellungskonzepten wie dem White-Cube im Inneren der Wände versteckt sind, wurden in den vergrößerten Zwischenräumen bewusst sichtbar positioniert. An die Dunkelräume angrenzend, errichtete das Kollektiv schmale, weiß gestrichene Räume, die durch künstliches Licht erhellt wurden und sich aus der Maßstabsverkleinerung des eigentlichen Ausstellungsraumes ergaben. Der ursprüngliche Ausstellungsort wurde dadurch in den Zwischenraum gedrängt, die Bühne hingegen dem sonst Unsichtbaren gegeben: dem Innwendigen. In dieser Umkehrung von Größenverhältnissen warfen YRD.Works Fragen zur Funktionsweise ästhetisierter Räume, wie dem White-Cube auf und integrierten die Besucher*innen in ihre verdrehte Inszenierung. Verschiedene simultane Blickachsen innerhalb der Installation ergaben ein multiperspektivisches Bild, welches das bühnenartig Artifizielle von Ausstellungsräumen kritisch hinterfragte.
EINS ZU EINS
Eins zu Eins entstand im Rahmen der Gruppenausstellung Things I think I want, die im Frühjahr 2017 im Frankfurter Kunstverein zu sehen war. Die zentrale Thematik der Arbeit entwickelte sich aus einem raumbezogenen Diskurs, den das Künstlerkollektiv in einer intensiven Auseinandersetzung mit der örtlichen Ausstellungsarchitektur machte. Insbesondere das bewusste Verbergen der technischen und baulichen Konstruktion zugunsten eines störungsfreien, ästhetisiertenRezeptionraumes, beschäftigte die Künstler dabei. Die bewusste Vermeidung einer Interaktion zwischen vorhandener Architektur und Kunstwerk in den meisten zeitgenössischen Ausstellungen regte YRD.Works dazu an, die vorgefundene Materialität des Frankfurter Kunstvereins einer Dekonstruktion zu unterziehen. Daraus entstand Eins zu Eins – eine raumgreifende Skulptur, die aus der Zerlegung einer maßstabsgetreuen Reproduktion des größten Raumes im Obergeschoss des Kunstvereins bestand. Die Künstler teilten den Raum anhand der technischen Abfolge von Wänden und Deckenelementen auf und ordneten ihn neu zusammengesetzt am Boden des Realraumes an. Als eigentümliche Dopplung der Ausstellungsarchitektur, die von ihrem ursprünglichen Nutzung befreit wurde, stand Eins zu Eins nun in einem neuen Kontext. Die dekonstruierte Replik des Raumes existierte als autonome, raumfüllende Skulptur, die begehbar war. Die weiße Oberfläche des Objektes nutzte sich über die Dauer der Ausstellung durch die Interaktion der Besucher*innen immer weiter ab und konservierte gleichzeitig die unterschiedlichen Spuren des Gebrauchs. Durch die Einbeziehung der Betrachter*innen formte sich neben der Infragestellung einer Hierarchie des Raumes auch eine Kritik an der sakralen Unantastbarkeit von Kunstwerken. Was passiert durch das Aushebeln von solchen tradierten Rangordnungen? Und kann ein demokratischer Raum für Kunst überhaupt existieren? Als räumlicher Versuch einer Neuskalierung konventioneller Strukturen von Ausstellungen, stellte Eins zu Eins das Verhältnis von Besucher*innen und Kunst in einen neuen Dialog.
MESSERSCHMIEDE
Den Auftakt der zweijährigen Kooperation zwischen YRD.Works und dem Künstlerhaus Mousonturm bildete die Installation Messerschmiede, die 2017 im Innen- und Außenbereich des Mousonturms zu sehen war. Als eine Art Parasit, der sich in die Architektur des Theaters einnistete, okkupierte das Künstlerkollektiv mit einer zwölf Meter langen Box das Restaurant und einen Teil des Außengeländes. Dort produzierten YRD.Works innerhalb von vierzehn Tagen eine Edition von 100 handgefertigten Messern, die mit einer gestanzten Ziffern- und Buchstabenkombinationnummeriert wurden. Die rechteckige Skulptur bestand aus vier Bereichen, welche verschiedene Schritte der Messerproduktion markierten. Im Außenbereich befand sich die erste Zone, in der Besucher*innen die Künstler beim Bearbeiten der Messerrohlinge durch Fenster beobachten konnten. Daran grenzte in fließendem Übergang ein Raum im Innnern des Restaurants an. In ihm wurden die Metalle weiterverarbeitet, was ebenfalls durch Glasscheiben betrachtet werden konnte. Im darauffolgenden Abschnitt wurden die geschliffenen Messer mit Holzgriffen bestückt und im letzten Raum als fertige Produkte verkaufsbereit präsentiert. Die kleine temporäre Fabrik bezog die Besucher*innen des Mousonturms unweigerlich in die Messerproduktion ein und ließ sie Teil der Performance werden. Die Künstler übernahmen in dieser Zeit die Handwerker-Rolle und inszenierten ihre kurzweilige Produktionsstätte in einer ungeschönten Version, die den Blick auf technische und produktionsbedingte Einzelheiten freigab. Die Präsentation der Entstehung eines Messers rückte – neben Fragen zur Produktion von Gegenständen – auch den ambivalenten Charakter des Messers als Werkzeug und Waffe ins Zentrum. Entstanden in der Messerschmiede handgefertigte Alltagsgegenstände oder limitierte Kunstwerke? Und hatte man es hier mit einer künstlerischen Performance oder einem kommerziellen Pop-up-Store zu tun? YRD.Works hinterfragte in ihrer performativen Intervention nicht nur gängige Produktions- und Bewertungssysteme von Kunst, sondern auch deren ökonomische und soziale Regelungen.
1. OFFENBACHER SEEFESTSPIELE
Als zweiten Teil der Zusammenarbeit zwischen YRD.Works und dem Künstlerhaus Mousonturm fanden die 1. Offenbacher Seefestspiele im Sommer 2017 im Außenbereich der Kressmann-Halle in Offenbach statt. Den Impuls zu dieser Arbeit setzte das urbane Umfeld der Künstler, welches zu großen Teilen durch leerstehende Brachflächen gekennzeichnet ist, die unterdes in einen ungleichen Dialog mit den einheitlichen Neubauten im Hafenareal getreten sind. Gemeinsamkeiten mit konventionellen Seefestspielen wie in Bregenz oder Berlin sind nur schwer zu finden, doch genau dieser Umstand reizte das Künstlerkollektiv. Wie könnten Seefestspiele in einer Stadt wie Offenbach aussehen? Vieles steht im Wohn- und Lebensort der Künstler im Umbruch, woraus sich manchmal wiederum neue Brüche ergeben. Den Ausgangspunkt für die raumgreifende Skulptur im Außenbereich der Kressmann-Halle stellte ein solcher Bruch dar – ein baulicher Fehler, der nach der Errichtung einer neuen angrenzenden Straße entstand: Seitdem staute sich auf dem Terrain der Kunsthalle bei starkem Regen eine Wasserlache. YRD.Works machte sich diesen Defekt zunutze und errichtete ein 600 Quadratmeter großes Bassin aus Beton an jener Stelle, das sie mit 180.000 Liter Wasser fluteten. Die künstlich entstandene Wasseroberfläche diente den 1. Offenbacher Seefestspielen als Bühne und begehbare Skulptur zugleich, die von den Performancegruppen contact Gonzo und Les Trucs mit performativen Aktionen bespielt wurde. Der ironische Umgang mit tradierten Kulturstätten und die Entkontextualisierung ihres bedeutungsschweren Ambientes stand ebenso im Zentrum der Aktion wie die Neuverhandlung der kulturellen Bedeutung jener Standorte. Die Installation gab eine experimentelle Antwort auf das Format des Seefestspiels, dessen traditionelle Strategien und Erwartungen infiltriert und schlussendlich gebrochen wurden.
INSIGHT OUT
Insight Out war am 6. und 12. Januar 2018 als dritte Episode der Kooperation mit dem Mousonturm im Theatersaal des Künstlerhauses zu sehen. Die räumliche Installation befand sich in der Mitte der Blackbox und wurde als quadratischer Raum im Raum errichtet, der die bestehende Architektur in zwei Bereiche unterteilte: in einen begehbaren, mehrwändigen Hybrid zwischen Club und Skulptur, in dem zwei Nächte lang getanzt wurde und in einen Außenraum, von dem aus die Architektur der Skulptur sowie ihr Inneres betrachtet werden konnte. Im Zentrum des Kubus befand sich in einem weiteren abgetrennten Raum das DJ-Pult und eine Bar, die nur über die Tanzfläche zu erreichen war. Die Wände der Skulptur waren mit einem blickdurchlässigen Material bespannt, das, von unterschiedlichen Lichtquellen beleuchtet, ihre Mehrschichtigkeit von Außen sichtbar machte. Im Innern war es jedoch durch gezielte Lichtsetzung nicht möglich, das Außenliegende zu erkennen. Dadurch entstand nicht nur eine räumliche Zweiteilung der Blackbox, sondern auch eine soziale. Außerhalb der Skulptur konnte man das Geschehen innerhalb der transparenten Wände unbemerkt beobachten – in ihrem Kern wurde man selbst zum Objekt der Beobachtung.
YRD.Works legte in Insight Out nicht nur soziale Konstruktionen, sondern auch technische und bauliche Hintergründe der Skulptur offen. Kabel, Lichtquellen und Trägerelemente, entliehen aus dem Equipment des Theaters, wurden an den Außenwänden der Skulptur exponiert zur Schau gestellt. Durch die Inszenierung der Theatertechnik verdeutlichte die Installation auch den Bezug zur Eigenheit des Ausstellungsortes. Der Innenraum der Installation blieb hingegen frei von technischen Konstruktionen, wodurch dort eine gegensätzliche, whitecube-ähnliche Situation vorherrschte, die erst durch die Anwesenheit der Besucher*innen gefüllt wurde. Dem Titel folgend erzeugte Insight Out durch geschickte bauliche Inszenierungen eine Bühne für architektonische und soziale Umkehrungen, mit denen die Besucher*innen beim Betreten der Installation zwangsläufig konfrontiert wurden. Musikalisch begleiteten die Kollektive HardWorkSoftDrink und Hotel International die beiden Ausstellungsnächte.
NOT NOT PIZZA
In der performativen Installation Not Not Pizza, die 2018 als Kollaboration zwischen YRD.Works und dem Künstler und Grafiker Eike König entstand, verwandelte sich die Kressmann-Halle in Offenbach für den Zeitraum von zwei Wochen in einen temporären Pizzalieferdienst. Die Künstler backten Pizzas in drei unterschiedlichen Ausführungen und lieferten diese in speziellen Verpackungen aus, die von König handbedruckt und nummeriert als fortlaufende Edition gestaltet wurden. An den vierzehn Tagen konnte man unter einer speziell dafür eingerichteten Hotline die Künstler in ihrer Pop-Up-Pizzeria erreichen und sich Bestellungen nach Hause liefern lassen. Die rund 500 Pizzas, die in dieser Zeit von Hand produziert wurden, fuhren die Künstler des Kollektivs persönlich mit Motorrollern aus und transportierten so ihre Aktion in die gesamte Stadt. Dadurch entstand eine ungewohnte Form der Rezeption von Kunst: Die Besucher*innen bzw. Kund*innen mussten nicht vor Ort sein, um Not Not Pizza zu erleben, sondern partizipierten von ihren Privaträumen aus. An zwei Terminen öffnete sich die Produktionsstätte auch in der Kressmann-Halle für die Öffentlichkeit, wodurch es den Besucher*innen möglich wurde, die Künstler bei ihrer Performance zu beobachten. Das Interieur der Pizzeria wurde so originalgetreu nachempfunden, dass ein Unterschied zwischen normalem Lieferservice und inszenierter Kunstperformance kaum erkennbar war. Sind es limitierte und von Hand gefertigte Editionen essbarer Kunstobjekte oder ist es gewöhnliches Fast Food, das von den Künstlern geschaffen wurde? Not Not Pizza spielte mit klassischen Strategien von Ausstellungen und den Entscheidungen, die hinter der Präsentation von Kunst stehen. Wer bestimmt den Inhalt von Ausstellungen? Und kann sich dieser Inhalt gegebenenfalls auch von seinem Standort emanzipieren?
OPER OFFENBACH
Die Oper Offenbach fand als letzter Teil des kooperativen Projektes mit dem Künstlerhaus Mousonturm auf der Hafeninselspitze in Offenbach statt, die an zwei Seiten von Binnengewässer umgeben ist. Das ungenutzte Terrain erlaubte es dem Kollektiv in großen Dimensionen zu denken und ihre skulpturalen Arbeiten in den städtischen Raum auszudehnen. So entstand dort die Oper Offenbach in einer mehrwöchigen, öffentlichen Inszenierung ihres Baus, der von Besucher*innen, sowie Passant*innen in ingesamt vier Bauabschnitten beobachtet werden konnte. Die erste bauliche Intervention Prospekte setzte sich aus vier überdimensionierten Plakatwänden zusammen, die als Kollaboration mit dem Designerkollektiv Profi Aestehtics und dem Fotografen Simon Keckeisen entstanden. Die plakatierten Stellwände wurden auf der Hafeninsel positioniert und fungierten als Bühnenbild und Werbeträger zugleich, die selbst Publikum an Land durch ihre exponierte Größe integrierten. Im nächsten Abschnitt des Baus wurde die Skulptur Graben realisiert, die den Orchestergraben eines Opernhauses neu interpretierte. Die räumliche Installation der Künstler, für die sie einen 15 Meter langen Graben aushoben, kehrte die ursprüngliche Funktion des Grabens – das Verstecken des Orchesters – um und stellte die Musiker explizit zur Schau. Aus einer erhöhten Aufsicht konnten Besucher*innen der Oper Offenbach während eines Spieltages ein Kammerorchester genauestens examinieren. In einem anderen Bauschritt wurde ein weiterer traditioneller Teil eines Opernhauses in Szene gesetzt: die Loge. Das Separee, Ort der Abgeschiedenheit und Exklusivität, wurde von YRD.Works nachempfunden und konnte an drei Terminen gemietet werden. Die zehn Zweipersonenlogen wurden nachts von einer Harfenspielerin bespielt und erlaubten, was sonst beim Besuch einer Oper verpönt ist: das Schlafen. Im letzten Teil des Opernbaus dekonstruierte YRD.Works erneut ein für die Oper typisches architektonisches Element: die Drehbühne. Diese ermöglicht im herkömmlichen Gebrauch ein schnelles Wechseln des Bühnenbildes und eine effektvolle Inszenierung. Die skulpturale Interpretation der Drehbühne in der Oper Offenbach entledigte sich jedoch ihres technischen Kerns und gab Raum für das Publikum, welches aufgefordert wurde, das Innere der runden Skulptur zu erobern. Das Offenbacher Performance-Kollektiv Baby of Control setzte die Bühne in Szene, die sich nun außerhalb der Drehschreibe befand. Im Prozessualen jedes einzelnen Bauabschnittes reflektierte YRD.Works das Theater und seine Inszenierung auf ungewohnte Weise und formulierte durch ihre Interpretationen den Versuch einer Neubewertung traditioneller Kunstrezeption.
WHITE OUT
Die räumliche Installation White Out war im Rahmen des vierteiligen Kooperationsprojektes LoadNext von dem Frankfurter Saasfee-Pavillon und der Kressmann-Halle Offenbach vom 15. November bis zum 6. Dezember 2018 im Saasfee-Pavillon in Frankfurt zu sehen. „Whiteout“ bezeichnet ein meteorologisches Phänomen, das in Hochgebirgen und Polargebieten beobachtet werden kann. Treffen schneebedeckte Flächen auf ein durch Nebel gedämpftes Sonnenlicht, entsteht eine spezifische Helligkeit, die man „Whiteout“ nennt. Durch den Einsatz künstlicher Techniken imitierten YRD.Works dieses spezifische Lichtverhältnis in einer raumgreifenden Installation. Das White Out des Künstlerkollektives begegnete den Besucher*innen als räumliche Intervention, die den gläsernen, lichtdurchfluteten Charakter des Saasfee-Pavillions stark veränderte. YRD.Works ummantelten die Fensterfront des Pavillons mit einer sechs Meter hohen Außenverkleidung und errichteten einen externen Korridor, der die Ausstellungsfläche von ihrer äußeren Umgebung, den Parkanlagen, isolierte. Der einen Meter breite, für die Besucher*innen verschlossene Zwischengang wurde künstlich beleuchtet und mit Nebel gefüllt, so dass die Sicht auf sein Inneres getrübt war. Ähnlich wie bei einem Diorama herrschte eine artifizielle Atmosphäre, in der jedoch nichts Konkretes sichtbar war. Exponierte bauliche Elemente innerhalb des vernebelten Gangs ließen lediglich an einigen Stellen eine räumliche Dimension erahnen. Der von seinen zeitlichen und räumlichen Koordinaten unabhängige Ort forderte die Besucher*innen durch seine isolierte Leere heraus. Natürliche Einflüsse der äußeren Umgebung wie Jahreszeiten oder Wetterlagen wurden in White Out zugunsten einer statisch geschlossenen Raumsituation bewusst negiert.
An zwei Terminen während des Ausstellungszeitraumes fanden Performances des Künster*innenduos BBB_ und der Tänzerin Frances Chiaverini statt, die den räumlichen Charakter von White Out verstärkten.
DOUBLES
Im Rahmen des Kunstpreises der Stadt Nordhorn 2018, mit dem YRD.Works ausgezeichnet wurde, präsentiert die Galerie Nordhorn vom 10. März bis zum 5. Mai 2019 eine ortsbezogene Rauminstallation des Künstlerkollektivs. Eigens für die Räumlichkeiten des Hauses entwickelten die Künstler eine Skulptur, die sich mit der vorgefundenen Architektur des klassischen White Cubes und seiner Eigenheit auseinandersetzt. Ein modulartiges Stellwandsystem, das es ermöglicht unterschiedliche räumliche Ausstellungssituationen in der Galerie herzustellen, bildet das Zentrum von Doubles. In einer exakten Eins-zu-eins-Kopie des Originals duplizieren YRD.Works die vorhandenen Stellwände in Größe und Material und positionieren diese angrenzend an die ursprünglichen Wandmodule in der Ausstellungsfläche. Daraus entstand ein 300 Quadratmeter großer, begehbarer Parcours aus originalen und nachgebauten Paneelen, die sich rein äußerlich nicht voneinander unterscheiden lassen. Nur Besucher*innen, die bereits mit der Ausstellungsarchitektur der Galerie Nordhorn vertraut sind, können möglicherweise ermitteln, welche Elemente von den Künstlern hinzugefügt wurden und welche bereits vorhanden waren. Doch was ist der Unterschied zwischen Kunstwerk und Ausstellungsdesign? Umgibt die Nachbauten des Künstlerkollektivs möglicherweise eine andere Beschaffenheit als die vorhandene Ausstellungsarchitektur? Die Installation rückt die tradierte Frage nach dem Original und seiner Kopie in den Fokus und lässt Besucher*innen selbst über die Wichtigkeit einer solchen Differenzierung entscheiden.
YRD.WORKS
1.5.2019 – Werktexte
SCALE SCALE SCALE
Scale Scale Scale eröffnete 2016 als raumgreifende Installation die zweite Ausstellung in der Kressmann-Halle in Offenbach und wurde in Kooperation mit dem Künstlerkollektiv D665 realisiert. Ausgangspunkt der Arbeit bildete die gemeinsame theoretische Auseinandersetzung mit der Funktion und Ästhetik der Ausstellungsräume, die einige Monate zuvor von YRD.Works errichtet worden waren. Wie funktionieren Räume, die für Kunst oder Theater geschaffen werden? Nach welchen Kriterien werden sie bemessen? Und welche Auswirkung haben räumliche Gegebenheiten auf die Betrachtenden? In Scale Scale Scale entwickelten YRD.Works eine Intervention im Raum, die buchstäblich den Maßstab – die Skalierung (engl. Scale) – der Kressmann-Halle in den Fokus nahm. Dafür unterteilten sie die 160 Quadratmeter große Halle mit Rigipswänden in zehn Einzelräume. Die Raumfolge setzte sich aus fünf breiteren unbeleuchteten und fünf schmaleren beleuchteten Räumen zusammen, die sich abwechselten. Die Ungewöhnlichkeit der größeren Räume bestand darin, dass sie sich aus der Maßstabsvergrößerung des innenliegenden Hohlraumes einer Rigpistrennwand ergaben. In Scale Scale Scale wurde dieser Zwischenraum zu einem raumfüllenden Ort aufgebläht, in dem man sich aufhalten konnte. Technische und funktionale Elemente wie Trägerkonstruktionen, Steckdosen oder Heizungen, die in tradierten Ausstellungskonzepten wie dem White-Cube im Inneren der Wände versteckt sind, wurden in den vergrößerten Zwischenräumen bewusst sichtbar positioniert. An die Dunkelräume angrenzend, errichtete das Kollektiv schmale, weiß gestrichene Räume, die durch künstliches Licht erhellt wurden und sich aus der Maßstabsverkleinerung des eigentlichen Ausstellungsraumes ergaben. Der ursprüngliche Ausstellungsort wurde dadurch in den Zwischenraum gedrängt, die Bühne hingegen dem sonst Unsichtbaren gegeben: dem Innwendigen. In dieser Umkehrung von Größenverhältnissen warfen YRD.Works Fragen zur Funktionsweise ästhetisierter Räume, wie dem White-Cube auf und integrierten die Besucher*innen in ihre verdrehte Inszenierung. Verschiedene simultane Blickachsen innerhalb der Installation ergaben ein multiperspektivisches Bild, welches das bühnenartig Artifizielle von Ausstellungsräumen kritisch hinterfragte.
EINS ZU EINS
Eins zu Eins entstand im Rahmen der Gruppenausstellung Things I think I want, die im Frühjahr 2017 im Frankfurter Kunstverein zu sehen war. Die zentrale Thematik der Arbeit entwickelte sich aus einem raumbezogenen Diskurs, den das Künstlerkollektiv in einer intensiven Auseinandersetzung mit der örtlichen Ausstellungsarchitektur machte. Insbesondere das bewusste Verbergen der technischen und baulichen Konstruktion zugunsten eines störungsfreien, ästhetisiertenRezeptionraumes, beschäftigte die Künstler dabei. Die bewusste Vermeidung einer Interaktion zwischen vorhandener Architektur und Kunstwerk in den meisten zeitgenössischen Ausstellungen regte YRD.Works dazu an, die vorgefundene Materialität des Frankfurter Kunstvereins einer Dekonstruktion zu unterziehen. Daraus entstand Eins zu Eins – eine raumgreifende Skulptur, die aus der Zerlegung einer maßstabsgetreuen Reproduktion des größten Raumes im Obergeschoss des Kunstvereins bestand. Die Künstler teilten den Raum anhand der technischen Abfolge von Wänden und Deckenelementen auf und ordneten ihn neu zusammengesetzt am Boden des Realraumes an. Als eigentümliche Dopplung der Ausstellungsarchitektur, die von ihrem ursprünglichen Nutzung befreit wurde, stand Eins zu Eins nun in einem neuen Kontext. Die dekonstruierte Replik des Raumes existierte als autonome, raumfüllende Skulptur, die begehbar war. Die weiße Oberfläche des Objektes nutzte sich über die Dauer der Ausstellung durch die Interaktion der Besucher*innen immer weiter ab und konservierte gleichzeitig die unterschiedlichen Spuren des Gebrauchs. Durch die Einbeziehung der Betrachter*innen formte sich neben der Infragestellung einer Hierarchie des Raumes auch eine Kritik an der sakralen Unantastbarkeit von Kunstwerken. Was passiert durch das Aushebeln von solchen tradierten Rangordnungen? Und kann ein demokratischer Raum für Kunst überhaupt existieren? Als räumlicher Versuch einer Neuskalierung konventioneller Strukturen von Ausstellungen, stellte Eins zu Eins das Verhältnis von Besucher*innen und Kunst in einen neuen Dialog.
MESSERSCHMIEDE
Den Auftakt der zweijährigen Kooperation zwischen YRD.Works und dem Künstlerhaus Mousonturm bildete die Installation Messerschmiede, die 2017 im Innen- und Außenbereich des Mousonturms zu sehen war. Als eine Art Parasit, der sich in die Architektur des Theaters einnistete, okkupierte das Künstlerkollektiv mit einer zwölf Meter langen Box das Restaurant und einen Teil des Außengeländes. Dort produzierten YRD.Works innerhalb von vierzehn Tagen eine Edition von 100 handgefertigten Messern, die mit einer gestanzten Ziffern- und Buchstabenkombinationnummeriert wurden. Die rechteckige Skulptur bestand aus vier Bereichen, welche verschiedene Schritte der Messerproduktion markierten. Im Außenbereich befand sich die erste Zone, in der Besucher*innen die Künstler beim Bearbeiten der Messerrohlinge durch Fenster beobachten konnten. Daran grenzte in fließendem Übergang ein Raum im Innnern des Restaurants an. In ihm wurden die Metalle weiterverarbeitet, was ebenfalls durch Glasscheiben betrachtet werden konnte. Im darauffolgenden Abschnitt wurden die geschliffenen Messer mit Holzgriffen bestückt und im letzten Raum als fertige Produkte verkaufsbereit präsentiert. Die kleine temporäre Fabrik bezog die Besucher*innen des Mousonturms unweigerlich in die Messerproduktion ein und ließ sie Teil der Performance werden. Die Künstler übernahmen in dieser Zeit die Handwerker-Rolle und inszenierten ihre kurzweilige Produktionsstätte in einer ungeschönten Version, die den Blick auf technische und produktionsbedingte Einzelheiten freigab. Die Präsentation der Entstehung eines Messers rückte – neben Fragen zur Produktion von Gegenständen – auch den ambivalenten Charakter des Messers als Werkzeug und Waffe ins Zentrum. Entstanden in der Messerschmiede handgefertigte Alltagsgegenstände oder limitierte Kunstwerke? Und hatte man es hier mit einer künstlerischen Performance oder einem kommerziellen Pop-up-Store zu tun? YRD.Works hinterfragte in ihrer performativen Intervention nicht nur gängige Produktions- und Bewertungssysteme von Kunst, sondern auch deren ökonomische und soziale Regelungen.
1. OFFENBACHER SEEFESTSPIELE
Als zweiten Teil der Zusammenarbeit zwischen YRD.Works und dem Künstlerhaus Mousonturm fanden die 1. Offenbacher Seefestspiele im Sommer 2017 im Außenbereich der Kressmann-Halle in Offenbach statt. Den Impuls zu dieser Arbeit setzte das urbane Umfeld der Künstler, welches zu großen Teilen durch leerstehende Brachflächen gekennzeichnet ist, die unterdes in einen ungleichen Dialog mit den einheitlichen Neubauten im Hafenareal getreten sind. Gemeinsamkeiten mit konventionellen Seefestspielen wie in Bregenz oder Berlin sind nur schwer zu finden, doch genau dieser Umstand reizte das Künstlerkollektiv. Wie könnten Seefestspiele in einer Stadt wie Offenbach aussehen? Vieles steht im Wohn- und Lebensort der Künstler im Umbruch, woraus sich manchmal wiederum neue Brüche ergeben. Den Ausgangspunkt für die raumgreifende Skulptur im Außenbereich der Kressmann-Halle stellte ein solcher Bruch dar – ein baulicher Fehler, der nach der Errichtung einer neuen angrenzenden Straße entstand: Seitdem staute sich auf dem Terrain der Kunsthalle bei starkem Regen eine Wasserlache. YRD.Works machte sich diesen Defekt zunutze und errichtete ein 600 Quadratmeter großes Bassin aus Beton an jener Stelle, das sie mit 180.000 Liter Wasser fluteten. Die künstlich entstandene Wasseroberfläche diente den 1. Offenbacher Seefestspielen als Bühne und begehbare Skulptur zugleich, die von den Performancegruppen contact Gonzo und Les Trucs mit performativen Aktionen bespielt wurde. Der ironische Umgang mit tradierten Kulturstätten und die Entkontextualisierung ihres bedeutungsschweren Ambientes stand ebenso im Zentrum der Aktion wie die Neuverhandlung der kulturellen Bedeutung jener Standorte. Die Installation gab eine experimentelle Antwort auf das Format des Seefestspiels, dessen traditionelle Strategien und Erwartungen infiltriert und schlussendlich gebrochen wurden.
INSIGHT OUT
Insight Out war am 6. und 12. Januar 2018 als dritte Episode der Kooperation mit dem Mousonturm im Theatersaal des Künstlerhauses zu sehen. Die räumliche Installation befand sich in der Mitte der Blackbox und wurde als quadratischer Raum im Raum errichtet, der die bestehende Architektur in zwei Bereiche unterteilte: in einen begehbaren, mehrwändigen Hybrid zwischen Club und Skulptur, in dem zwei Nächte lang getanzt wurde und in einen Außenraum, von dem aus die Architektur der Skulptur sowie ihr Inneres betrachtet werden konnte. Im Zentrum des Kubus befand sich in einem weiteren abgetrennten Raum das DJ-Pult und eine Bar, die nur über die Tanzfläche zu erreichen war. Die Wände der Skulptur waren mit einem blickdurchlässigen Material bespannt, das, von unterschiedlichen Lichtquellen beleuchtet, ihre Mehrschichtigkeit von Außen sichtbar machte. Im Innern war es jedoch durch gezielte Lichtsetzung nicht möglich, das Außenliegende zu erkennen. Dadurch entstand nicht nur eine räumliche Zweiteilung der Blackbox, sondern auch eine soziale. Außerhalb der Skulptur konnte man das Geschehen innerhalb der transparenten Wände unbemerkt beobachten – in ihrem Kern wurde man selbst zum Objekt der Beobachtung.
YRD.Works legte in Insight Out nicht nur soziale Konstruktionen, sondern auch technische und bauliche Hintergründe der Skulptur offen. Kabel, Lichtquellen und Trägerelemente, entliehen aus dem Equipment des Theaters, wurden an den Außenwänden der Skulptur exponiert zur Schau gestellt. Durch die Inszenierung der Theatertechnik verdeutlichte die Installation auch den Bezug zur Eigenheit des Ausstellungsortes. Der Innenraum der Installation blieb hingegen frei von technischen Konstruktionen, wodurch dort eine gegensätzliche, whitecube-ähnliche Situation vorherrschte, die erst durch die Anwesenheit der Besucher*innen gefüllt wurde. Dem Titel folgend erzeugte Insight Out durch geschickte bauliche Inszenierungen eine Bühne für architektonische und soziale Umkehrungen, mit denen die Besucher*innen beim Betreten der Installation zwangsläufig konfrontiert wurden. Musikalisch begleiteten die Kollektive HardWorkSoftDrink und Hotel International die beiden Ausstellungsnächte.
NOT NOT PIZZA
In der performativen Installation Not Not Pizza, die 2018 als Kollaboration zwischen YRD.Works und dem Künstler und Grafiker Eike König entstand, verwandelte sich die Kressmann-Halle in Offenbach für den Zeitraum von zwei Wochen in einen temporären Pizzalieferdienst. Die Künstler backten Pizzas in drei unterschiedlichen Ausführungen und lieferten diese in speziellen Verpackungen aus, die von König handbedruckt und nummeriert als fortlaufende Edition gestaltet wurden. An den vierzehn Tagen konnte man unter einer speziell dafür eingerichteten Hotline die Künstler in ihrer Pop-Up-Pizzeria erreichen und sich Bestellungen nach Hause liefern lassen. Die rund 500 Pizzas, die in dieser Zeit von Hand produziert wurden, fuhren die Künstler des Kollektivs persönlich mit Motorrollern aus und transportierten so ihre Aktion in die gesamte Stadt. Dadurch entstand eine ungewohnte Form der Rezeption von Kunst: Die Besucher*innen bzw. Kund*innen mussten nicht vor Ort sein, um Not Not Pizza zu erleben, sondern partizipierten von ihren Privaträumen aus. An zwei Terminen öffnete sich die Produktionsstätte auch in der Kressmann-Halle für die Öffentlichkeit, wodurch es den Besucher*innen möglich wurde, die Künstler bei ihrer Performance zu beobachten. Das Interieur der Pizzeria wurde so originalgetreu nachempfunden, dass ein Unterschied zwischen normalem Lieferservice und inszenierter Kunstperformance kaum erkennbar war. Sind es limitierte und von Hand gefertigte Editionen essbarer Kunstobjekte oder ist es gewöhnliches Fast Food, das von den Künstlern geschaffen wurde? Not Not Pizza spielte mit klassischen Strategien von Ausstellungen und den Entscheidungen, die hinter der Präsentation von Kunst stehen. Wer bestimmt den Inhalt von Ausstellungen? Und kann sich dieser Inhalt gegebenenfalls auch von seinem Standort emanzipieren?
OPER OFFENBACH
Die Oper Offenbach fand als letzter Teil des kooperativen Projektes mit dem Künstlerhaus Mousonturm auf der Hafeninselspitze in Offenbach statt, die an zwei Seiten von Binnengewässer umgeben ist. Das ungenutzte Terrain erlaubte es dem Kollektiv in großen Dimensionen zu denken und ihre skulpturalen Arbeiten in den städtischen Raum auszudehnen. So entstand dort die Oper Offenbach in einer mehrwöchigen, öffentlichen Inszenierung ihres Baus, der von Besucher*innen, sowie Passant*innen in ingesamt vier Bauabschnitten beobachtet werden konnte. Die erste bauliche Intervention Prospekte setzte sich aus vier überdimensionierten Plakatwänden zusammen, die als Kollaboration mit dem Designerkollektiv Profi Aestehtics und dem Fotografen Simon Keckeisen entstanden. Die plakatierten Stellwände wurden auf der Hafeninsel positioniert und fungierten als Bühnenbild und Werbeträger zugleich, die selbst Publikum an Land durch ihre exponierte Größe integrierten. Im nächsten Abschnitt des Baus wurde die Skulptur Graben realisiert, die den Orchestergraben eines Opernhauses neu interpretierte. Die räumliche Installation der Künstler, für die sie einen 15 Meter langen Graben aushoben, kehrte die ursprüngliche Funktion des Grabens – das Verstecken des Orchesters – um und stellte die Musiker explizit zur Schau. Aus einer erhöhten Aufsicht konnten Besucher*innen der Oper Offenbach während eines Spieltages ein Kammerorchester genauestens examinieren. In einem anderen Bauschritt wurde ein weiterer traditioneller Teil eines Opernhauses in Szene gesetzt: die Loge. Das Separee, Ort der Abgeschiedenheit und Exklusivität, wurde von YRD.Works nachempfunden und konnte an drei Terminen gemietet werden. Die zehn Zweipersonenlogen wurden nachts von einer Harfenspielerin bespielt und erlaubten, was sonst beim Besuch einer Oper verpönt ist: das Schlafen. Im letzten Teil des Opernbaus dekonstruierte YRD.Works erneut ein für die Oper typisches architektonisches Element: die Drehbühne. Diese ermöglicht im herkömmlichen Gebrauch ein schnelles Wechseln des Bühnenbildes und eine effektvolle Inszenierung. Die skulpturale Interpretation der Drehbühne in der Oper Offenbach entledigte sich jedoch ihres technischen Kerns und gab Raum für das Publikum, welches aufgefordert wurde, das Innere der runden Skulptur zu erobern. Das Offenbacher Performance-Kollektiv Baby of Control setzte die Bühne in Szene, die sich nun außerhalb der Drehschreibe befand. Im Prozessualen jedes einzelnen Bauabschnittes reflektierte YRD.Works das Theater und seine Inszenierung auf ungewohnte Weise und formulierte durch ihre Interpretationen den Versuch einer Neubewertung traditioneller Kunstrezeption.
WHITE OUT
Die räumliche Installation White Out war im Rahmen des vierteiligen Kooperationsprojektes LoadNext von dem Frankfurter Saasfee-Pavillon und der Kressmann-Halle Offenbach vom 15. November bis zum 6. Dezember 2018 im Saasfee-Pavillon in Frankfurt zu sehen. „Whiteout“ bezeichnet ein meteorologisches Phänomen, das in Hochgebirgen und Polargebieten beobachtet werden kann. Treffen schneebedeckte Flächen auf ein durch Nebel gedämpftes Sonnenlicht, entsteht eine spezifische Helligkeit, die man „Whiteout“ nennt. Durch den Einsatz künstlicher Techniken imitierten YRD.Works dieses spezifische Lichtverhältnis in einer raumgreifenden Installation. Das White Out des Künstlerkollektives begegnete den Besucher*innen als räumliche Intervention, die den gläsernen, lichtdurchfluteten Charakter des Saasfee-Pavillions stark veränderte. YRD.Works ummantelten die Fensterfront des Pavillons mit einer sechs Meter hohen Außenverkleidung und errichteten einen externen Korridor, der die Ausstellungsfläche von ihrer äußeren Umgebung, den Parkanlagen, isolierte. Der einen Meter breite, für die Besucher*innen verschlossene Zwischengang wurde künstlich beleuchtet und mit Nebel gefüllt, so dass die Sicht auf sein Inneres getrübt war. Ähnlich wie bei einem Diorama herrschte eine artifizielle Atmosphäre, in der jedoch nichts Konkretes sichtbar war. Exponierte bauliche Elemente innerhalb des vernebelten Gangs ließen lediglich an einigen Stellen eine räumliche Dimension erahnen. Der von seinen zeitlichen und räumlichen Koordinaten unabhängige Ort forderte die Besucher*innen durch seine isolierte Leere heraus. Natürliche Einflüsse der äußeren Umgebung wie Jahreszeiten oder Wetterlagen wurden in White Out zugunsten einer statisch geschlossenen Raumsituation bewusst negiert.
An zwei Terminen während des Ausstellungszeitraumes fanden Performances des Künster*innenduos BBB_ und der Tänzerin Frances Chiaverini statt, die den räumlichen Charakter von White Out verstärkten.
DOUBLES
Im Rahmen des Kunstpreises der Stadt Nordhorn 2018, mit dem YRD.Works ausgezeichnet wurde, präsentiert die Galerie Nordhorn vom 10. März bis zum 5. Mai 2019 eine ortsbezogene Rauminstallation des Künstlerkollektivs. Eigens für die Räumlichkeiten des Hauses entwickelten die Künstler eine Skulptur, die sich mit der vorgefundenen Architektur des klassischen White Cubes und seiner Eigenheit auseinandersetzt. Ein modulartiges Stellwandsystem, das es ermöglicht unterschiedliche räumliche Ausstellungssituationen in der Galerie herzustellen, bildet das Zentrum von Doubles. In einer exakten Eins-zu-eins-Kopie des Originals duplizieren YRD.Works die vorhandenen Stellwände in Größe und Material und positionieren diese angrenzend an die ursprünglichen Wandmodule in der Ausstellungsfläche. Daraus entstand ein 300 Quadratmeter großer, begehbarer Parcours aus originalen und nachgebauten Paneelen, die sich rein äußerlich nicht voneinander unterscheiden lassen. Nur Besucher*innen, die bereits mit der Ausstellungsarchitektur der Galerie Nordhorn vertraut sind, können möglicherweise ermitteln, welche Elemente von den Künstlern hinzugefügt wurden und welche bereits vorhanden waren. Doch was ist der Unterschied zwischen Kunstwerk und Ausstellungsdesign? Umgibt die Nachbauten des Künstlerkollektivs möglicherweise eine andere Beschaffenheit als die vorhandene Ausstellungsarchitektur? Die Installation rückt die tradierte Frage nach dem Original und seiner Kopie in den Fokus und lässt Besucher*innen selbst über die Wichtigkeit einer solchen Differenzierung entscheiden.